"Welcome to Europe!"
Am 15. Juni machen wir im Hafen von Horta fest.
In der Begrüßung durch den Hafenmeister verbergen sich einige spannende Momente der Vorbereitung für uns. Das Procedere läuft so, dass man zuerst am Empfangskai anlegt, um einzuklarieren und sich beim Hafenmeister anzumelden. Dann bekommt man einen Liegeplatz zugewiesen.
Da wir sowieso erstmal tanken wollen, ist die Aufgabe aber zunächst einmal, die Tankstelle zu finden. Wir wissen aus der Karte zwar grob, wo wir suchen müssen, aber der Kai ist so voll mit Booten, dass wir erstmal eine Ehrenrunde drehen, bis wir sehen, dass an der Tankstelle bereits zwei Boote im Päckchen liegen. Außerdem wollen zwei große Schlauchboote vor uns tanken, so dass wir kleine Runden drehen und warten, bis wir dran sind. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist es dann so weit und Entropy bekommt neuen Diesel. Das Ergebnis haben wir schon getweetet: Wir tanken 199,45 Liter bei einem Tankvolumen von 200 Litern.
Zu unserer Entlastung ist vorzubringen, dass wir noch 150 Liter Diesel in Kanistern dabei hatten. Aufgrund eines, sagen wir mal, Rundungsfehlers in der händisch gepflegten Treibstoff-Verbrauchsberechnung waren wir der Ansicht, dass noch genug im Tank ist - und haben wir uns daher den Aufwand gespart, vorher auf See Diesel aus Kanistern in den Tank zu füllen. Das ist ein gewisses Angehen und es soll ja auch nicht allzuviel danebengehen.
Aber: hat gepasst. Glück gehabt!
Nachdem wir nach dem Hafenmeister noch drei portugiesische Beamte besuchen dürfen, bekommen wir einen Platz in dritter Reihe an der inneren Kaimauer zugewiesen. Eine erste Schleichfahrt zeigt, dass unser Nachbar (an dem wir festmachen müssen) ein altes, spezielles französisches Schiffchen ist und leider niemand da ist.
Da auf dem Boot auch keine Klampen zu sehen sind, brauchen wir aber Hilfe. Diese kommt glücklicherweise in Form der Diana, die zufällig direkt dahinter liegt!
Elke ist auf Deck und verspricht uns kurzerhand, auf das Franzosenschiff zu gehen und uns zu unterstützen. Ein weiterer Anlauf bringt Entropy dann passend längsseits und wir können mit zusätzlicher Hilfe der inzwischen aufgetauchten Eigner unsere Leinen am Nachbarboot belegen. Zur Sicherheit (und weil Entropy deutlich größer ist) legen wir noch eine Leine an Land und sind endlich richtig angekommen!
Die Marina von Horta ist im Sommer offensichtlich sehr nachgefragt, um nicht zu sagen notorisch überlaufen. Da die meisten Stegplätze an Dauerlieger vermietet sind, bleibt den Gästen die Kaimauer, an der die Boote im Päckchen liegen. Das bedeutet, dass man entweder über 2 - 3 Schiffe steigen muss, wenn man an Land will, oder dass als Innenlieger dauern Leute über's eigene Deck poltern. Aber das geht allen so, daher bemühen sich die meisten um Rücksicht. Lustig wird's, wenn ein innenliegendes Schiff raus möchte, weil sich dann alle losmachen und umlegen müssen. Da sich unser Päckchen nach Umfragen in wenigen Tagen wieder auflöst, müssen wir sehen, dass wir für Entropy einen neuen Platz finden, ehe wir längere Ausflüge planen.
Wieder mal hilft uns der Zufall weiter: wir treffen Frauke und Christian von der Svea in der Marina. Beide sind "alte Bekannte" vom Blauwasserseminar 2015 und der Boot 2016. Danach haben wir uns aus den Augen verloren und auch in der Karibik nicht getroffen. Da die beiden noch ein paar Tage bleiben wollen und neben der Svea noch Platz ist, legen wir uns um und haben damit neben netten neuen Nachbarn noch die Möglichkeit, ein Auto zu mieten und zwei Tage in Ruhe die Insel zu erkunden.
Faial
Unser ersten Eindruck ist, dass die Insel einfach wunderbar grün ist. Alles blüht, die Vögel zwitschern. Es ist eine Frühsommer-Idylle, die sehr anders ist als in der Karibik und ein wenig heimisch wirkt. Die Hortensienblüte beginnt, kleine Kletterrosen mühen sich durch's Gebüsch, es gibt wildwachsende Wandelröschen und allerlei mehr.
Porto Pim und Monte da Guia
An Horta angrenzend liegt der Porto Pim, der alte Walfanghafen, und von dort machen wir einen ausgedehnten Spaziergang auf den Monte da Guia. Die kleine Halbinsel steht unter Naturschutz und hat viele beeindruckende Aussichtspunkte. Wir testen an den 145 Höhenmetern unsere Kondition (nun ja.... was will man nach drei Wochen auf See erwarten?) und schließen die nette Runde mit frischem Apfelkuchen und Espresso Macchiato (zusammen € 3,10!) im Cafe ab. Nicht gleich übertreiben!
Vulcao dos Capelinhos
Faial hat jedoch noch mehr zu bieten. Im Westen befindet sich der Vulcao dos Capelinhos. Er bildet eine Halbinsel, die erst durch den Vulkanausbruch von 1957 neu entstanden ist. Das moderne Besucherzentrum veranschaulicht den Vulkanismus der Azoren und schildert die Entstehung des neuen Vulkans.
Caldeira
Ein schon längst erloschener Vulkan bildet die zentrale "Caldeira" der Insel. Wir machen entlang des Kraterrandes eine schöne, 2 - 3 Stunden lange Wanderung. Lange Zeit läuft man entlang einer Kuhweide, wie sie auf der Insel viel zu sehen ist. Der Weg schlängelt sich teils am recht schmalen Rand entlang und erlaubt immer wieder tolle Ausblicke auf die umliegenden Azoren (Pico, Sao Joan und Graciosa).
Jardim Botanico
Ein Besuch im botanischen Garten von Faial rundet unsere Mietwagen-Tage ab. Der Schwerpunkt liegt auf der endemischen Pflanzenwelt der Azoren. Der Garten beherbergt ebenfalls eine Samenbank, die diese Pflanzen vor dem Aussterben bewahren soll und ermöglicht, verschwundene Arten wieder neu anzusiedeln. Die wunderbaren, überall auf Faial (und den anderen Inseln) wachsenden Hortensien sind übrigens Einwanderer, die aus botanischer Sicht nicht gern gesehen sind. Jedenfalls nicht in der Menge! Auch wenn es schwerfällt, sich dieser Meinung anzuschließen, sie sind einfach zu schön!
Horta
Die Inselhauptstadt hat nicht nur eine große Marina, sondern eine sehr schöne Altstadt mit vielen wunderbar restaurierten Gebäuden. Wir genießen das Bummeln im europäischen Stil, Bars und Cafes und besuchen selbstverständlich auch das berühmte Peter Cafe Sport. Hier treffen sich immer viele Transatlantik-Segler, an den Tischen werden Anekdoten über den Törn erzählt und jeder hat seine eigene Geschichte beizutragen.
Peter Cafe Sport
Wir stellen fest, dass alle am Ende mit ähnlichen Dingen zu kämpfen hatten: wechselnde Winde, teils viel Welle, Flauten sowie irgendwelche Reparaturen am Schiff. Wir sind dabei offenbar noch ganz gut weggekommen und sind der Ansicht, dass unsere Entscheidung, den Umweg über Bermuda nicht zu machen, richtig war. Damit haben wir uns offenbar einiges schweres Wetter erspart, auch wenn es die Zeit auf See verlängert hat. Aber das ist für jedes Schiff und jede Crew anders zu bewerten und jeder muss seinen eigenen Weg zurück finden.
Hafenmalerei
Last but not least haben natürlich auch wir unseren Beitrag geleistet zu den Malereien ("murals") auf der Kaimauer in Horta. Wir haben unser Schiffslogo und unsere Namen dort gelassen und sind gespannt, ob wir unser Bild irgendwann noch mal wiedersehen!