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Das war's!

Nun ist es wieder Herbst und wir sind wohlbehalten zuhause eingetrudelt. Unser Alltag hat uns schon wieder fest im Griff, so dass es nun höchste Zeit wird, das vergangene Jahr auch auf dem Blog abzuschließen.

 

Entropy liegt sicher im Winterlager, und so wird es Zeit für ein Fazit. In den vergangenen Monaten haben wir wahnsinnig viel erlebt, durften viele nette und kompetente Menschen kennenlernen und hatten eine steile Lernkurve als Schiffseigner und Blauwassersegler. Unsere Reise wäre jedoch auch nicht möglich gewesen ohne die Hilfe vieler Freunde, Nachbarn und Kollegen, die uns zuhause den Rücken frei gehalten haben. Daher an dieser Stelle noch einmal ein ganz herzliches Danke an Euch alle für diese großartige Unterstützung! 

Hier folgen nun ein paar Dinge, nach denen wir häufig gefragt werden. Oder die uns selbst aus der Sicht von "lessons learned" erwähnenswert erscheinen und eventuell anderen Seglern weiterhelfen könnten. Oder einfach nur ein wenig Segler-Gossip, der es bislang noch in keinen Blogartikel geschafft hat....

Unsere Lieblingsinseln

  • Barbuda
    Die Insel ist (war...?) ein kleines karibisches Paradies - ganz weißer Sand, türkisfarbenes Wasser und Korallenriffe. Leider ist Hurrican Irma mit voller Wucht darübergezogen, so dass es vielleicht nie wieder so wie früher sein wird. Wir hoffen jedoch, dass die Einheimischen es schaffen, Barbuda wieder zu einem lebens- und liebenswerten Ort zu machen.
  • Dominica
    Ein zauberhaftes Kleinod, das uns ebenfalls sehr am Herzen liegt. Die Insel hat eine wundervolle, üppige grüne Natur (Regenwälder, Wasserfälle, Vulkanismus) und sehr nette, authentische Menschen. Leider wurde auch Dominica direkt vom nächsten Hurrican Maria erwischt, so dass dort 95 % aller Häuser und Straßen zerstört sind. Die Situation auf der Insel ist auch jetzt, Wochen nach dem Hurrican, noch dramatisch. Wir hoffen sehr, dass die Menschen dort die nötige Hilfe erhalten und suchen gerade nach Wegen, dort selbst und möglichst zielgerichtet helfen zu können.
  • Saba
    Die Insel ist wirklich eine Perle, so kitschig das klingt. Oder im besten Sinn ein "hideaway". Nichts für Luxusfans oder Strandliebhaber, aber ein 1a Tauchspot und sehr zurückgezogen abseits des Massentourismus. Once in our lifes: auf "konventionellem Weg" nach Saba zurückkehren und für ein paar Wochen ein kleines holländisches Cottage mieten. Einen Stapel Bücher mitnehmen, einen Tauchkurs machen und x-mal den höchsten Berg der Niederlande besteigen!
  • Azoren
    Alle Azoren, die wir besucht haben, sind wunderbar. Es war einfach ein wundervoller Kontrast zur Karibik!

Unser schönstes Erlebnis

Darauf gibt es keine einfache Antwort, deshalb variiert sie in Gesprächen auch immer wieder etwas. Wie das so ist mit Erinnerungen, sie werden mit der Zeit auch immer rosiger! Insgesamt sind wir sehr glücklich, dass wir diese Reise gemacht haben. Es war sehr anstrengend,  das vorzubereiten, und auch während des Törns selbst haben wir uns nicht wirklich "ausgeruht" - es gab immer etwas zu erledigen, etwas zu beschaffen oder auch zu erforschen.
Dazu eine treffende Definition - es gibt vier Sorten von Spaß:
  • Typ-1-Spaß: macht Spaß, während man es macht und macht auch Spaß, wenn man daran zurückdenkt. Schon eher der überwiegende Teil unserer Reise.
  • Typ-2-Spaß: macht keinen oder weniger Spaß, während man es macht, aber es macht reichlich Spaß, sich daran zu erinnern.
  • Typ-3-Spaß: ist keiner. Macht keinen Spaß, wenn man es macht und keiner denkt später gern daran. Die Parasailor-Aktion war so ein Ding.
  • Typ-4-Spaß: macht erst Spaß, später aber nicht mehr. Hatten wir nicht. Glücklicherweise, weil so etwas meistens eher unerfreulich ist.
Jedenfalls sind wir beide fest der Ansicht, dass das Überqueren von Ozeanen in einem Segelboot für uns definitiv zum Typ-2-Spaß zählt. Deswegen finden wir das inzwischen alles super und würden auch gern wieder losfahren. Direkt nach der Ankunft in Grenada stellte sich das ganze allerdings etwas anders dar....
Trotzdem kann man wohl einiges zu den "schönsten Erlebnissen" zählen: das tropische Vogelgezwitscher am allerersten Morgen nach der Ankunft in der Karibik. Das lange Wochenende im Paradies vor Barbuda. Die Indian River Touren und Wanderungen auf Dominica. Das Segler-Barbecue von PAYS in Portsmouth/Dominica. Die Tage mit unseren Gästen, über deren Besuch wir uns sehr gefreut haben. Der erste Spaziergang in Horta/Azoren mit dem sich heimisch anhörenden Vogelstimmen und der frischen Luft....

Wie ist das so auf dem Ozean?

Kurz gesagt, wie sonst auch beim Segeln, nur darf man nachts nicht durchschlafen. Und alles über 1000 Seemeilen zieht sich dann doch etwas... (Andersherum: als Blauwassersegler hat man irgendwann das Gefühl, dass alles unter 1000 Seemeilen irgendwie um die Ecke liegt.)

Ruhiger Segeltag irgendwo kurz vor Gibraltar
Ruhiger Segeltag irgendwo kurz vor Gibraltar
Kein Problem:
  • Seekrankheit (eine Eingewöhnungsphase von 1 - 2 Tagen muss man akzeptieren, aber danach no problem)
  • Nachtwachen bei kleiner Crew (sobald man eine sinnvolle Wacheinteilung gefunden hat)
  • Manöver zu zweit (immer gut vorbereiten!)
  • defektes elektronisches Windmessinstrument (der Verklicker tut's auch)
  • Langeweile auf dem Ozean (ein gut strukturierter Tagesablauf hilft)
  • allein sein in der dunklen Nacht (oft wird draußen ein wunderschöner Sternenhimmel geboten und es ist meistens sehr friedlich)
  • Vernünftiges Essen zubereiten (etwas Motivation vorausgesetzt)
  • wenig Platz auf dem Schiff (zu zweit auf einer 43-Fuß-Jacht ist wirklich reichlich Platz)
  • keinen Fisch mögen (man findet auch nach Wochen auf See immer noch Essbares in den Vorräten - Fische sind Freunde!)
  • lecker Sonntagsfrühstück (frische Scones nach Art des Skippers mit selbstgemachter Marmelade von Freunden machen gute Laune!)
  • Silkes Typ-1-Diabetes (Natürlich ging es manchmal etwas durcheinander mit dem Blutzucker - schließlich war die Ozeanüberquerung für den Körper schon eine Ausnahmesituation. Aber mit Hilfe der FreestyleLibre Sensoren war das alles recht gut zu steuern und vor allem war die Seetauglichkeit jederzeit sichergestellt.)
Problem:
  • defekter Autopilot bei Nachtfahrt
  • Kochen bei heftigem Seegang (weil man alles "seriell" machen muss)
  • Einschlafen, obwohl man todmüde ist (weil es immer lästige Geräusche im Schiff gibt und man sich bei Seegang erstmal "rollsicher" wegpacken muss)
  • keine frischen Brötchen weit und breit!
  • draußen am Heck duschen, wenn's zieht wie Hechtsuppe 

Gossip und Vermischtes

Worst Boat Names

Wir haben uns den Spass gemacht, unterwegs putzige oder uns abseitig erscheinende Bootsnamen aufzuschreiben. Hier kommt das "best of" (bzw. "worst"). Um das Ganze ausreichend genießen zu können, stellt Euch einfach vor, wie eines dieser Schiffe mit einem anderen aus der Liste funkt... (Für Nichtsegler: dazu muss das "anrufende" Boot den Namen des anderen dreimal hintereinander sagen, gefolgt vom eigenen Namen, diesen auch 2-3 mal. Das Ganze geht so lange, bis der andere antwortet (oder man keine Lust mehr hat).)
Die psychedelischen (hauptsächlich Franzosen):
  • Narcose
  • Nirwana
  • Panic Attack
Die martialischen (meist Boote unter amerikanischer Flagge):
  • Cannonball
  • Revenge
  • Best Revenge (immer einmal mehr wie du...!)
  • Peacemaker
  • The Dominator (wenn der jetzt "Boss" anfunkt...herrlich!!)
  • Boss
  • Area 51
Die Fraktion "Love is in the Air" (gern britisch geflaggt):
  • Vixen
  • Love Boat
  • The Owl and the Pussycat (note to self: niemals anfunken....!)
  • Driftin' Days
Die kulinarischen:
  • Vesper
  • Marinade
Last but not least - sonstige Merkwürdigkeiten:
  • Playlist
  • Vigilant
  • Remedy
  • Gwawr (ist walisisch, versteht aber garantiert im Funk kein Mensch)
...und ein Extra-Applaus für: "Microbe"!

Best Boat Names

Ja, die gab es auch - aber viele Bootsnamen passen schon ganz gut oder sehr gut. Aber herausragend oder besonders sinnig fanden wir:
  • Pandora
  • Snap Decision
  • Rocket Science
Alles, was wir zu diesen Namen assoziieren, trifft auch (im ironischen Sinn) auf unser Boot zu!

 

...weil's auf dem Atlantik für gute Laune gesorgt hat: "Panamana" (dub-duh-di-du-du....)

"Was hast du denn mitgebracht?!"

Jambo (unser Anker) hat beim Lichten des Ankers ab und zu mal versucht, etwas auf's Schiff zu apportieren:
  • ein genau Jambo-förmiger Stein, der sich auf dem Anker fest verkeilt hat (Bequia)
  • ein Lobsterkäfig (groß wie ein Karnickelstall) (Guadeloupe)
  • noch ein großer Stein (Antigua)
  • ein Reitgewicht (Betonzylinder mit Metallöse und Leine dran) (Sint Maarten)

Entropy als Teil des Ökosystems

  • kleine Fische verstecken sich unter dem Dinghy vor Räubern (how not to be seen)
  • Rochen mögen die auf dem Sandboden langschiebende Ankerkette (da bewegt sich was!) 
  • Fische interessieren sich für den eingegrabenen Anker (kleine Sandwölkchen)
  • Putzerfische nagen an dem Algengammel an der Wasserlinie (es gibt für alles eine ökologische Nische...)
  • Delfine haben unterwegs Spass mit dem großen weißen schwimmenden Riesenwal (oder für was auch immer die uns halten)
  • Seevögel lassen sich auch mal zur nächsten Insel mitnehmen (bestens angepasst)
  • Fliegende Fische und Tintenfische nutzen das Deck von Entropy als Landeplatz. In der Regel ihre Endstation.

Basteln am Schiff

Das ist vielleicht eher die Rubrik für Segler und Technikinteressierte.
Wichtigste Erkenntnis: irgendwas ist immer zu tun (und dabei ist es völlig egal, wie alt das Schiff ist). Und fertig ist man nie. Dabei muss man allerdings auch beachten, dass wir im zurückliegenden Jahr so viele Seemeilen hinter uns gebracht haben, wie sonst vielleicht in ein paar Jahren. Und das Boot ist immer in Bewegung und Meerwasser ist ziemlich korrosiv. Daher haben wir unseren Frieden mit diesem unliebsamen Nebenjob gemacht.

Reparaturen/Ausfälle/Probleme

Das ist quasi die Liste der "to do's", mit denen wir nicht (unbedingt) gerechnet hatten.
  • Parasailor defekt
    Aufgrund eines Bruchs des Spi-Falls wegen einer fehlenden Umlenkrolle am Mast.
  • Ausfall des Autopiloten
    Bolzen in der Verbindung zwischen Hydraulikzylinder und Ruderquadrant gebrochen, Reparatur durch Rigger/Hydraulikexperten.
  • Ausfall des Windmessgerätes (keine korrekte Windrichtungsinformation)
    Raymarine Windfahne (oben auf dem Mast) ausgefallen. Selbst ausgetauscht durch unterwegs (teuer) beschafftes Ersatzgerät.
  • Nächtlicher Ausfall der kompletten Navi-Elektronik
    Verkabelung des NMEA2000 Bordnetzes (Datenbus der Navi-Instrumente) unterwegs mit Bordmitteln repariert. Fehlerursache: Seewasser-Korrosion in einem NMEA2000 T-Stück
  • Ausfall der Navigationsbeleuchtung (rot/grün)
    Korrosion der Zuleitungen und Steckverbinder. Reparatur mit Bordmitteln unterwegs.
  • Ausfall der Ankerfernbedienung
    Korrosion der Steckverbinder aufgrund schlechter Dichtung im Stecker. Reparatur mit Bordmitteln vor Anker.
  • Leichtes Durchrutschen des Großfalls aufgrund einer verschlissenen Fallklemme
    Austausch des Einsatzes in der Klemme durch einen Rigger (Demontage des Klemmenblocks erforderlich)
  • Defekte Klampe am Mast
    Bei einer Wende hatte sich die Vorschot in der Klampe verfangen und die Klampe halb abgerissen. Reparatur durch Rigger.
  • Vorsegel-Rollreffanlage
    Sicherungsschraube an der Rollreffschiene war herausgefallen, Schiene rutschte aus der Rollreffanlage. Eigene Reparatur führte zu Folgeproblem:
  • Vorstag beschädigt
    Montagefehler (falsche Schraube genommen) führte zu einer Beschädigung des Vorstags, aus Sicherheitsgründen vor der Atlantik-Rückrunde das komplette Stag getauscht (Rigger).
  • Austausch der Reffleinen (Verschlissen nach ca. zwei Jahren bzw. 7000 sm)
  • Gangbarmachen der Notpinne
    Nachdem wir fassungslos festgestellt hatten, dass die Notpinne gar nicht auf die Ruderanlage passt (Werft)
  • Probleme mit der Wasserversorgung
    Die Wasserpumpe wurde vom Druckschalter in immer kürzeren Abständen aktiviert. Grund war der Ausgleichsbehälter in der Wasserversorgung, dessen Luftreservoir verbraucht war. Wir benutzten die an Bord befindliche Luftpumpe (eigentlich für die Fender angeschafft), um den Behälter mit Luft zu füllen.
  • Tür der Seitenkabine klemmte und ließ sich nicht mehr schließen
    Weil's echt genervt hat, Reparatur durch Tischler schon auf den Kanaren.
  • Schloss einer Schublade defekt, führte zu Schaden am Furnier
    Eigenreparatur mit Bordmitteln.
  • Reißverschluss am Bimini defekt (Qualitätsproblem/Dimensionierung des Reißverschlusses)
    Ausgetauscht durch Canvas-Dienstleister.
  • Kleinere Kratzer und Scharten im GFK am Heck
    Vermutlich durch diverse Boarding-Manöver mit dem Dinghy (Metallösen!) verursacht (Werft)

Wartungsarbeiten und normaler Verschleiß

Und hier kommen die Dinge, die eigentlich zur normalen Pflege und Instandhaltung gehören und die wir (mehr oder weniger) vorher schon eingeplant hatten.
  • Rumpf: ca. alle 2 - 4 Wochen Wasserlinie putzen (selbst)
  • Alle 6 - 8 Wochen Edelstahl putzen (selbst)
  • Reinigung Unterwasserschiff (Dienstleister)
  • Unterwasseranstrich/Antifouling (Werft)
  • Maschinenwartung (Werft)
  • Verschleiß der Großsegelpersenning und Lazy Jack Leinen (Segelmacher)
  • Winschenwartung (selbst)
  • Austausch des Rückschlagventils und der Dichtungen im Bord-WC (selbst)

Verbesserungen am Schiff

Und dann kommen noch Punkte, wo man gern investieren möchte...
  • 3. Reff für das Großsegel
    Hauptsächlich als Vorsichtsmaßnahme für die Atlantik-Rücktour gedacht. Das war dann doch eine größere Baustelle: wir brauchten einen Rigger und einen Segelmacher
  • Dinghy-Batterie-Tankstelle
    Idee: die beiden Batteriekoffer für den Dingy E-Motor als Batterie-Backup in das Bordnetz  einbinden zu können und eine bequeme Ladestation für die Koffer zu haben. (selbst)
  • Durchflussmesser für Diesel-Kraftstoff
    Wir können damit unseren Dieselverbrauch unter Maschine optimieren und wesentlich besser abschätzen, wie viele Seemeilen unter Motor mit dem Treibstoffvorrat noch möglich sind. (Werft)
  • Klettverschlüsse Solarzellen auf dem Bimini verlängert
    Wir haben uns Sorgen gemacht, dass sonst mal ein Solarpanel wegfliegen könnte. (Dienstleister)

Erfahrungen mit dem Schiff und der Ausrüstung

Pantry

Die üblichen blauen Camping-Gaz-Flaschen kann man zumindest auf der Atlantik-Runde erstaunlich gut ersetzen, zumindest auf den "europäischen" Inseln ist das kein Problem.
Wir sind etwas verblüfft, dass wir auf dem kompletten Törn nur insgesamt vier bis fünf Flaschenfüllungen (je 2,75 kg) brauchten. Und nein, wir sind nicht ständig essen gegangen!

Allerdings haben wir unser Kaffeewasser meistens mit dem elektrischen Kocher erhitzt und vor Anker gelegentlich eine kleine Induktions-Kochplatte benutzt. Das wäre ohne die Lithium-Batterien aber vermutlich nicht möglich gewesen.

Seemannschaft und nautische Ausrüstung

Rigg
Wir haben eine Menge über Rigg und Segel gelernt, insbesondere darüber, wie wichtig die korrekte Spannung der Wanten und Stagen ist. So hat eine zu geringe Wantenspannung vermutlich über die Zeit dazu geführt, dass unsere obere Saling einen kleinen Haarriss am Mastansatz bekommen hat. Da müssen wir noch mal investieren.
Unsere Konsequenz für die Zukunft:
Regelmäßig (ca. alle drei Monate und vor längeren Offshore-Schlägen) selbst die Wanten und Stagen prüfen und ggf. Wantenspannung korrigieren.
Auf ungewöhnliche Geräusche oder Bewegungen des Riggs oder des Mastes achten, das kann auf fehlerhafte Einstellung der Wantenspannung hindeuten.
Wetterinformationen
Auf der ersten Passage von Cambrils auf die Kanarischen Inseln waren wir im wesentlichen nur mit eher groben Wetterberichten ausgerüstet, die wir über Navtex und (an Land) per Internet bezogen. In Retrospektive war das deutlich zu wenig. Unser Navtex-Empfänger (eine WIB2D Wetterinfobox von Moerer) hatte oft Empfangsprobleme, und die Wetterberichte per Navtex sind uns aus unserer heutigen Sicht eigentlich nicht detailliert genug für längere Offshore-Passagen.
So segelten wir vor der nordafrikanischen Küste in ein größeres Schlechtwettergebiet, ohne  zu wissen, was uns da genau erwartet. War jetzt auch kein Riesenproblem, aber ein Gesamtblick auf die Wettersituation wäre sehr hilfreich gewesen.
Für die gesamte restliche Zeit (ab den Kanarischen Inseln im Oktober) hatten wir sehr detaillierte Wetterinformationen in Form von GRIB-Files und Wetter-Routing, die wir von dem Online-Service PredictWind bezogen. Dieser Wetter-Service kostet Geld (wir hatten das Standard-Paket für US$ 249 pro Jahr gebucht), ist aber aus unserer Sicht jeden Cent wert. Die Qualität der PredictWind-Wettervorhersage war gut bis sehr gut.
Auf der Hinfahrt (von den Kanaren bis in die Karibik) hatten wir sehr oft mit den bekannten Squalls zu kämpfen, die spontan entstehen können und so klein sind, dass sie in den Wettervorhersagen (auch in den GRIB-Files) nicht vorkommen - kein Fehler von PredictWind.
Die Wetterinformationen auf der nördlichen Route zurück nach Europa waren sehr genau - so genau, dass wir z. B. bei der Durchquerung des Tiefausläufers schon Stunden im Voraus Segelfläche und Segelstellung für die zu erwartende Windrichtungsdrehung vorbereiten konnten. Wer weiß, vielleicht hat uns das sogar Bruch erspart, wir haben auf den Azoren zwei Crews getroffen, die von Wetteränderungen auf dem Atlantik überrascht wurden und in Folge Schaden am Rigg hatten.
Das Wetter-Routing von PredictWind funktioniert ganz gut und gibt insbesondere in Situationen, bei denen der Wind nicht optimal weht, eine ganz gute Unterstützung bei der "taktischen Planung". 
Kommunikation
Für die Kommunikation mit Familie und Freunden sowie für den Download von Wetterinformationen hatten wir ein Iridium GO mit einer "Datenflatrate" an Bord. Das Gerät hat sich sehr bewährt, insbesondere auch weil PredictWind inzwischen hervorragend mit Iridium GO integriert ist. Der Download von Wetterdaten dauert damit zwar 10 - 20 Minuten, aber dafür konnten wir auf den Passagen so oft wir wollten (in der Regel zweimal am Tag) aktuelle Wetterdaten beziehen.
Medizinische Ausrüstung
Grundsätzlich ist zu sagen, dass uns echte medizinische Notfälle im eigentlichen Sinne erspart geblieben sind. Das ist auch gut so, weil bei zwei Leuten ein Verletzter auf See in jeder Hinsicht ein Problem ist. Er/sie ist bei Seegang von einem Laien nicht nur schwer zu versorgen, sondern fehlt auch bei der Schiffsführung. Daher muss man unbedingt alles daran setzen, Verletzungen zu vermeiden!
Für alles andere fanden wir das Buch "Medizin auf See" (Kohfahl) sehr hilfreich und gut strukturiert. Wir hatten sehr viel medizinische Ausrüstung und Medikamente an Bord, die wir bis auf ein paar einfache Fälle nicht benötigt haben. Aber daraus den Schluss zu ziehen, dass man das alles zukünftig zu Hause lassen könnte, wäre fahrlässig.

Nützliche Dinge (niemals mehr ohne!)

  • Genug Taschenlampen (wir haben uns unter anderem für zwei Fenix PD35 und eine ThruNite TN35 entschieden), inklusive mehrerer Stirnlampen
  • Ein Sortiment an Tauwerk-Schäkeln, teilweise mit eingespleißten Antal-Ringen, die Dinger sind teuer aber wahnsinnig praktisch
  • Spanngurte mit Kunststoffschnallen, genug Gurtbandösen und Edelstahl-Holzschrauben, um unterwegs noch Befestigungsmöglichkeiten schaffen zu können.
  • Winschbare Genua-Reffleine (Liros Taper Pro) in Kombination mit einer E-Winsch zum schnellen Vorsegel-Reffen
  • Camping-Falteimer (nicht, was Ihr denkt, sondern zum Abstellen von Marmeladengläsern und vollen Kaffeetassen beim Frühstück auf hoher See)
  • ultraleichte Drybags in verschiedenen Größen
  • Antirutschmatten auf dem Salontisch, der Pantry-Arbeitsfläche und am Navigationsplatz
  • kleiner elektrischer Wasserkocher
  • Meerwasser-Solardusche für die tägliche Dusche auf hoher See
  • Kabelbinder, Ducttape, Vinyl-Isolierband in größeren Mengen (Mc Gyver läßt grüßen!)
  • Doseneintopf für Schlechtwetter
  • WLAN-Antenne mit Router für's Schiff
  • Akku-Bohrschrauber
  • Gaslötkolben
  • wirklich gutes Werkzeug
  • Mess-Schieber (z. B. für Einstellung der Wantenspannung)
  • Ersatzteile-"Basics": Schrauben, Muttern, Splinte, elektrische Kleinteile wie verzinnte Leitung, Flachsteckverbinder etc.
  • Ersatzteile für die NMEA2000-Busverkabelung: T-Stück, Ersatzkabel
  • Anleitungen für alle technischen Geräte und möglichst viele technischen Komponenten an Bord (Beispiel: wir brauchten mitten auf dem Atlantik die Installationsanleitung für unsere defekten Navigationslampen, weil wir die Dinger sonst nicht zerstörungsfrei aus der Halterung bekommen hätten). Als PDF auf dem Bordrechner reicht bei den exotischeren Dingen.

und vieles, vieles mehr... Wir dachten, wir hätten zu viel Kram dabei, aber das meiste war tatsächlich nützlich.

Etwas ungewöhnliche Ausrüstung, wurde aber tatsächlich gebraucht:

  • Drehmomentschlüssel
  • Akku-Schlagschrauber

Was hat uns gefehlt (wurde nachbeschafft bzw. würden wir das nächste Mal unbedingt mitnehmen)

  • Reparatur-Satz für die Bordtoilette (besser sogar: komplette Pumpe als Austauschteil, nicht viel teurer und viel schneller installiert)

Und wie geht's weiter?

Eigentlich wollten wir das Schiff nach dem Jahr mit der Atlantikrunde wieder verkaufen - dachten wir zumindest irgendwann mal. Nach allem, was wir Schönes mit Entropy erlebt haben und wieviel Arbeit und Geld wir investiert haben, bringen wir das jedoch nicht über's Herz. Also werden wir uns über den Winter mit Revierinformationen zur Biskaya, Nordspanien, der Bretagne und Portugal eindecken und schauen, wie viel Schiffszeit wir dem Arbeitsleben abringen können. Die Reise geht also weiter, auch wenn es bei uns für's Erste geruhsamer laufen wird.

 

Nun verbringen wir aber erstmal einen hoffentlich gemütlichen Herbst und Winter als Landratten und freuen uns auf die nächste Segelsaison!


Vorheriger Artikel: Winterlager in A Coruña


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Comments: 2
  • #1

    Heinz- Bernhard Fuchs (Wednesday, 31 January 2018 13:32)

    Lieber Martin, nachdem ich diesen Blog gelesen habe bin ich etwas neidisch und auch beruhigt. Neidisch, weil mir immer auch eine Atlantiküberquerung vorschwebte, und beruhigt, weil ich feststelle, dass ich so etwas nie geschafft hätte. Es ist schon ein Unterschied zwischen einem 1 bis 2 Wochen Chartertörn im Mittelmeer oder Ostsee, wo man sich um die technischen Tücken nicht kümmern muss, und einer langen Blauwasserfahrt. Ich werde daher weiter zum Zielgebiet fliegen
    und 1 bis 2 Wochen hoffentlich stressfrei segeln. Mast und Schotbruch,und immer... Dein Heinz

  • #2

    Martin Bartosch (Wednesday, 31 January 2018 20:21)

    Lieber Heinz, zugegeben ist eine solche Langfahrt deutlich komplexer zu organisieren als ein Chartertörn, aber letztlich wächst doch man an seinen Aufgaben und lernt sehr viel dazu. Auch wir haben bis 2014 nur gechartert (wobei wir auch bei Chartertörns schon interessante technische Probleme zu lösen hatten). Wir haben auch einige Crews auf Langfahrt getroffen, die ebenfalls erst kurz vor der Abfahrt Schiffseigner wurden und entsprechend viel zu lernen und vorbereiten hatten. Letztlich hat es niemand bereut, soweit wir das wissen.
    Aber Du hast natürlich Recht, das wirklich praktische an einem Charterboot ist, dass man das gute Stück am Ende des Törns lächelnd dem Vercharterer zurückgeben kann, der sich dann um die Wartung kümmern darf. Und es ist und bleibt eine wunderschöne Art, seinen Urlaub zu verbringen.
    Viele Grüße,
    Martin